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Bildung – alles eine Frage der Herkunft?

Kinder aus privilegierten Familien besuchen fünfmal öfter das Gymnasium als Kinder aus sozial schwächeren Familien. Woran liegt das und was kann man konkret für Bildungsgerechtigkeit tun? Diesen Fragen gehen die Bachelor-Studierenden Timon W., Leonie A., Dilek A., Apollonia A., Deniz E. im Handlungsfeld Bildungsmanagement nach.

In Deutschland ist der Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe 1 besonders bedeutsam. Hier findet eine direkte Aufteilung der Kinder in gute und schlechte Schüler:innen statt. Doch sind Kinder aus sozial schwächeren Familien immer die schlechteren Schüler:innen? – Nein!

Schon seit langer Zeit befinden sich in unserer Gesellschaft verschiedene soziale Defizite welche, statt beseitigt zu werden teilweise eher verstärkt auftauchen. Eines der ausschlaggebendsten Probleme stellt die soziale Bildungsungleichheit dar. Diese Ungleichheit liegt vor, wenn zwischen dem Bildungserfolg und der sozialen Herkunft ein Zusammenhang besteht. Personen, die bestimmte Herkunftsmerkmale aufweisen, haben entweder einen größeren oder einen geringeren Erfolg im Bildungssystem.

Diese soziale Bildungsungleichheit entsteht vor allem aus familiären, finanziellen und sozialen Bedingungen und Voraussetzungen.Je bildungsferner die Eltern sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind kein Gymnasium besucht. Die Eltern streben oft dasselbe Bildungsniveau für ihre Kinder an, dass sie selbst besitzen. Hierbei spielt auch die Kosten-Nutzen- Abwägung eine große Rolle. Diese kann dazu führen, dass Kinder nicht adäquat gefördert werden. Auch das Entscheidungsverhalten der Eltern beeinflusst die Bildungsungleichheit. Dabei haben oft die Begabungen, die Kompetenzen und die Schulnoten der Kinder keinen großen Einfluss auf die Schulentscheidung.

Eine weitere Komponente ist das regionale Umfeld. Kinder aus bildungsreichen Familien stammen oft aus einem lernförderlicheren Anregungs- und Unterstützungsmilieu. Hier erwerben sie notwendige Kompetenzen und Fähigkeiten in vollem Umfang. Anders als bei Kindern aus sozial schwächeren Familien. Sie wachsen in schwierigeren und ärmeren Wohnvierteln auf, in denen es weniger außerschulische Angebote gibt. Des Weiteren stellen auch die sprachlichen Barrieren eine Herausforderung dar. Das Umfeld ist kaum in der Lage, Verständnis für den Lernstoff des Kindes aufzubringen. Die Kinder bekommen weniger Unterstützung und Hilfe bei der Aneignung der Lerninhalte. All diese Merkmale sind bei Kindern aus sozial schwächeren Familien besonders ausgeprägt. Sie haben von Anfang an Nachteile gegenüber anderen Kindern.

Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Schulschließungen verschärften die Bildungsungleichheit besonders bei den jungen Schüler:innen. Gestresste Eltern, sprachliche Barrieren und ein beengter Wohnraum führen zu erheblichen Lernproblemen. Schätzungen zufolge fühlen sich mehr als 70% der Kinder seelisch belastet. Die Wohn- und Lebensumstände wirken während dieser Zeit als Verstärker der Bildungsungleichheit. Der Digitalunterricht setzt zusätzlich viele Bedingungen voraus, die im Elternhaus nicht immer gegeben sind. Darunter leiden die Schulleistungen und die sozialen Kompetenzen sehr.

Wir sind fünf Studierende der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und haben uns mit den sozialen Problemen der Bildungsungleichheit auseinandergesetzt. Wir durften im Rahmen unseres Seminars eine besondere gemeinnützige Organisation kennenlernen, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die soziale Bildungsungleichheit vor Ort zu verbessern. Mit ihren wirksamen 1:1 Mentoren - Programmen werden Grundschulkinder nicht nur schulisch gefördert, sondern erleben auch in der Wahl ihrer Freizeitaktivitäten Unterstützung. Dafür bekommen die jungen Kinder einen ehrenamtlichen Lern-, Lese- und Freizeitpaten an die Seite gestellt, der sie individuell fördert. Ziel ist es, sowohl ihre schulische Laufbahn nachhaltig zu verbessern als auch die Kinder persönlich für die Zukunft vorzubereiten und zu stärken.

Um herauszufinden, wie sich die Organisation dieser großen Herausforderung stellt, haben wir drei interessante und aufschlussreiche Interviews geführt. Zwei unserer Interviewpartner:innen sind Mentorin C. und Mentor P., die uns einen näheren Einblick in die Zusammenarbeit mit den Kindern gewährt haben. Unsere dritte Interviewpartnerin, Frau K.,ist im Bereich Marketing und Öffentlichkeitsarbeit tätig.

Frau K. arbeitet seit drei Jahren bei der gemeinnützigen Organisation Kinderhelden. Ihre Hauptaufgabe umfasst die Gewinnung neuer Mentoren: innen. Aufgrund ihrer Tätigkeiten und Aufgaben in der Öffentlichkeitsarbeit, konnte sie uns einen guten Einblick in die Organisation Kinderhelden geben. Das Thema Bildungsungleichheit begegnet ihr dabei täglich.
Auf unsere Frage, welche Kinder diese 1:1 Betreuung in Anspruch nehmen, erzählte sie uns, dass es sich größtenteils um Grundschüler:innen handelt, die beim Start in die Grundschule erschwerte Startbedingungen haben. Es sind Kinder, die in einer großen Familie aufwachsen, noch nicht lange in Deutschland sind oder Eltern haben, die ihnen keine vollumfängliche schulische Unterstützung bieten können. Durch die frühzeitige Förderung erkennen die ehrenamtlichen Mentor:innen die Potenziale der jungen Schüler:innen und bieten ihren Schützlingen mutmachende Unterstützung, erzählte Frau K. Beim anstehenden Schulwechsel der Grundschüler:innen, versucht die Organisation und die Mentoren:innen die Eltern bei der Schulwahl ihrer Kinder zu unterstützen. Dabei hilft das Starkmacher – Projekt der KinderHelden, das die Kinder über die Grundschule hinaus durch Mentoring fördert und Bildungsübergänge von der Grundschule in die Sekundarstufe 1 sichert.

Auch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Schulschließungen, so Frau K., hatten zusätzlich negative Auswirkungen auf die Bildungsungleichheit: Fehlende technische Ausstattung, finanzielle Probleme, unruhige Lernorte und ausfallende Gesprächsanlässe mit der deutschen Sprache in Schule und Vereinen, rückten während dieser Zeit besonders in den Vordergrund. Doch mit Hilfe der Mentorer: innen und den technischen Sachspenden von Kooperationspartnern war eine digitale Lernförderung mit nachweislichen Erfolgen möglich. Die Arbeit der gemeinnützigen Organisation macht große Hoffnung. Studien zeigen, dass außerschulische Organisationen viel zu Bildungsgerechtigkeit beitragen. „Jede: r Ehrenamtliche trägt ein Stück mehr zur Chancengleichheit bei.“ - Frau K.

Doch wie nehmen die Mentor:innen selbst die Bildungsungleichheit bei ihren Schüler:innen wahr? Warum sind sie Mentor:innen geworden? Was ist das Besondere an der Arbeit mit Kindern? Die Mentor: innen, C. und P. haben uns ihre Erfahrungen geschildert.

C. und P. studieren aktuell noch. Über eine Infoveranstaltung lernte P. die Kinderhelden kennen. Beide Mentor:innen erzählten uns, dass sie dankbar für die erhaltene familiäre Unterstützung sind, die sie während ihrer Schulzeit erhalten haben. Ihnen ist aber
bewusst, dass es Kinder gibt, die nicht so viel Glück haben. Aus dieser Dankbarkeit heraus und der Motivation anderen Kindern zu helfen, haben sie sich dazu entschieden, diese ehrenamtliche Tätigkeit auszuüben. Auch das Interesse an einer neuen Tätigkeit reizte P. um sich den Kinderhelden anzuschließen. Beide besitzen die feste Absicht, einen Teil zur Verbesserung der Bildungsgerechtigkeit beizutragen. „Mit meiner ehrenamtlichen Tätigkeit will ich einen Teil dazu beitragen, dass ein Kind – mit weniger Privilegien – trotzdem an Bildung teilhaben kann. “ - C.

Und was macht die Arbeit mit diesen Kindern so besonders? Die zwei Mentor:innen davon überzeugt, dass beide Seiten von dieser Arbeit profitieren. Die kindliche Weltanschauung ermöglicht ihnen einen Perspektivwechsel. P. betont, dass die spürbare kindliche Begeisterung es ihm ermöglicht, mit offeneren Augen durch die Welt zu gehen. Zusätzlich wird der Austausch mit dem Mentee-Kind von C. hoch bewertet. Beide Mentor:innen haben viel Freude an ihrem Engagement. Beide konnten beobachten, dass Kindern aus sozial schwächeren Familien es schwerer haben, gerecht an der Bildung teilnehmen zu können. Dem Mentee von P. fehlt es beispielsweise an einem Rückzugsort, einem ‘Safe Space’. C. berichtet, dass oft der finanzielle Aspekt sichtbar ist. „Das macht sich bereits in den kleineren Dingen bemerkbar, wie das Kaufen von Büchern oder der Besuch von kulturellen Veranstaltungen.“.

Während Corona war es wichtig, den Kontakt zwischen den Mentor:innen und ihren Mentees aufrecht zu halten. P. erzählte, dass sein Mentee anfangs noch eine hohe Neugier und Begeisterung zeigte, da er nun mit dem Handy lernen durfte. Doch die anfängliche Motivation sank. Obwohl Corona sie durchgehend begleitet hat, funktionierte die Online-Lehre gut. Trotzdem sei der schulische Lernerfolg stark beeinträchtigt, ergänzte er.

Sowohl P. als auch C. sind davon überzeugt, dass ihre Tätigkeit bei Kinderhelden einen positiven Einfluss zur Verbesserung der Bildungsungleichheit hat. „Ich sehe es auch jede Woche, dass er sich ein bisschen verbessert“, sagte P.

„Aber Bildungsungleichheit ist ein Problem, welches gesamtgesellschaftlich angegangen und gelöst werden muss. Der Beitrag von einzelnen Vereinen wie Kinderhelden ist ein tolles Angebot aber auch ihre Arbeit hat ihre Grenzen“, meinte C.

Wenn DU dich für mehr Bildungsgerechtigkeit einsetzen möchtest, DU Lust auf ein spannendes und abwechslungsreiches Ehrenamt hast und DIR die Arbeit mit Kindern viel Spaß macht, ist diese Organisation genau das Richtige für DICH!

Um es abschließend mit Frau K. Worten zu sagen: „An der Bildungsgerechtigkeit kann jeder Einzelne einen Beitrag leisten“.

Anmelden kannst DU Dich unter www.kinderhelden.info.
Fragen zu der gemeinnützigen Organisation und ihrer Projekte beantwortet Jessica Klaiber per Mail unter jessica.klaiber(at)kinderhelden.info oder am Telefon 0711/342477-13.
Keine besonderen Vorkenntnisse erforderlich! Die Förderung ist auch digital möglich.

Die nächsten ONLINE-Infoveranstaltung findet am:
Mittwoch, den 23. Februar von 17.00 – 18.00 Uhr statt.
Einfach Zugangslink anfordern unter: mail(at)kinderhelden.info

KinderHelden ist Kooperationspartner der Stadt Stuttgart.
 

Der gesamte Artikel steht auch als pdf zur Verfügung.

Timon W., Leonie A., Dilek A., Apollonia A., Deniz E.