Nach den Sommerferien startet das neue Schulfach 'Informatik und Medienbildung' – jedoch ohne abgestimmten Bildungsplan, wie der SWR berichtet. Für die Lehrer*innen, die das neue Fach Schulen unterrichten sollen, liege lediglich eine Lesehilfe mit groben thematischen Empfehlungen vor.
Für die Wissenschaftliche Begleitung der Einführung des neuen Fachs hatte sich u. a. Prof. Dr . Thomas Knaus im Frühjahr 2025 bereit erklärt. Inzwischen hat der Leiter der Abteilung Medienpädagogik der PH Ludwigsburg, der zum Wintersemester einem Ruf an die PH Heidelberg folgt, seine Mitarbeit jedoch quittiert. In einem Interview mit SWR-Aktuell erklärt er dazu: "Zwischen April und Juli haben mein Kollege und ich versucht, mit schriftlichen Hinweisen konstruktiv in den Prozess einzuwirken. Leider haben wir auf unsere Anregungen kaum substanzielle Rückmeldungen erhalten, Einladungen zu Terminen kamen äußerst kurzfristig, und meine Kritik an der Struktur des Gesamtprozesses blieb ebenfalls unbeachtet. Deshalb habe ich im Sommer meine Zusage zurückgezogen, denn mein Eindruck war, dass wir Wissenschaftler*innen hier eher als Feigenblatt dienen sollten – ich bin aber definitiv keine Partizipationsattrappe!"
Problematisch sei laut Thomas Knaus vor allem, "dass das neue Fach in zwei voneinander getrennten Teilgruppen erarbeitet wird: einer für Informatik und einer für Medienbildung. Wenn man aber ein gemeinsames Fach plant, müssen die Inhalte auch konzeptionell und didaktisch miteinander verbunden werden. Ansonsten stehen sie nur nebeneinander – oder sogar in Konkurrenz zueinander. Just genau das konnte ich beobachten. Als dann nach 'absolut unverzichtbaren Inhalten' der Medienbildung gefragt wurde, war mein Eindruck bestätigt, dass es am Ende eher um ein Fach 'Informatik mit ein bisschen Medienbildung' geht. Das ist sicher nicht im Sinne der politischen Entscheidungsträger. Und es ist definitiv auch nicht in meinem Sinne."
Die für die Lehrer*innen vorliegende Lesehilfe ist nach Thomas Knaus nicht ausgereift genug: "Wer von 'Medienbildung' oder 'informatischer Bildung' spricht, knüpft an lange Traditionen und entsprechend tragfähige wissenschaftliche Fundamente an. Und findet dann auch hilfreiches und bewährtes Lehr- und Lernmaterial. Wer stattdessen auf modern klingende Leitbilder, wie 'digitale Mündigkeit' oder auch 'ChatGPT-Kompetenz' setzt, läuft Gefahr, genau diese Anschlussfähigkeit zu verlieren."
Es sei dennoch positiv, so Professor Knaus im SWR-Interview, "dass das Land Baden-Württemberg im neuen Schulgesetz die Grundlage für das neue Fach geschaffen hat. Auf dieser verlässlichen Basis könnten die Universitäten und Pädagogischen Hochschulen nun ihr Studienangebot erweitern – das müssen sie aber auch, denn sowohl die Informatik als auch die Medienbildung sind gerade in der Lehrer*innenbildung bisher personell nicht stark genug aufgestellt."