Prof. Dr. Markus Scholz (Projektleitung)
Dr. Stephan Kehl (stellvertretende Projektleitung)
Nina Römer (Doktorandin)
Pädagogische Hochschule Ludwigsburg
Q2 2021 bis Q4 2024
Das Projekt klar. - Kommunikation, Lernen, Arbeitsgedächtnis gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Projektteil sollen individuelle kognitive Profile von Schüler*innen eines Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrums mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung erhoben werden (geplant N=120). Schwerpunkt bildet dabei die Untersuchung des Arbeitsgedächtnisses, insbesondere der phonologischen Schleife (kurzzeitige Speicherung sprachgebundener Informationen), des visuell-räumlichen Notizblocks (kurzzeitige Speicherung visuell-räumlicher Informationen) und der exekutiven Funktionen (u. a. Fähigkeiten zum Fokussieren und Wechseln der Aufmerksamkeit). Als zusätzliche Variablen sollen fluide Intelligenz (Erkennen und Herstellen logischer Beziehungen), visuelle Verarbeitung (Fähigkeit visuelle Muster wahrzunehmen, zu analysieren und gedanklich zu manipulieren) und Aspekte des Langzeitgedächtnisses (Wiedererkennen von visuellen Informationen) erhoben werden. Die Erkenntnisse sollen zu einem besseren Verständnis individueller Stärken und Schwächen dieser für Lernprozesse wichtigen Ausgangsbedingungen bei Schüler*innen im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung beitragen. Die Forschung in diesem Bereich findet vornehmlich im internationalen Rahmen statt (u.a. Farran & Jarrold, 2003; Henry & MacLean 2002; Kay-Raining Bird & Chapman, 1994; Lifshitz et al. 2011; van der Molen et al. 2010), diese Erkenntnisse sind aber auf den deutschsprachigen Raum aufgrund unterschiedlicher Definitionen der Personengruppe insbesondere mit Blick auf fehlende Abgrenzung zwischen den Förderschwerpunkten Lernen und geistige Entwicklung nur eingeschränkt übertragbar. Deshalb sollen zunächst Vergleiche zwischen Kindern mit spezifischer bekannter Einschränkungsursache und Schüler*innen mit Lernschwierigkeiten unterschiedlicher Ätiologie angestellt werden, um die Forschungsergebnisse aus dem internationalen Raum hinsichtlich ihrer Gültigkeit in Bezug auf die spezifischen Rahmenbedingungen in Deutschland zu überprüfen
Im zweiten Projektteil stehen Untersuchungen zur Gestaltung von Lernmaterialien für das Nachvollziehen von Handlungsprozessen (Anwendungsmöglichkeiten wären hier z. B. Kochrezepte, Experimentieranleitungen) für alle Schüler*innen sowie zur optischen Gestaltung und des Layouts von Kommunikationsoberflächen für Kinder und Jugendliche mit kommunikativen Einschränkungen im Fokus. Hier gibt es generell wenig Erkenntnisse. Dies liegt daran, dass Studien entweder eine sehr viel breitere Zielgruppe – wie z. B. den Förderschwerpunkt Lernen untersuchen (Noll, Roth & Scholz, 2020) oder Studien mit Kindern ohne Beeinträchtigung durchgeführt wurden (Drager & Light 2010; Thistle & Wilkinson 2017). Zudem sollen durch den Einsatz von Eye-Tracking zusätzliche und validere Daten erhoben werden.
Die Innovation des Projekts und der tatsächliche Nutzen liegen in der Synthese der beiden Teile. Anstatt generelle Aussagen zu Lernmaterialien oder der Gestaltung von Kommunikationsoberflächen zu treffen, werden Erkenntnisse vor dem Hintergrund von Spezifika individueller Stärken und Schwächen bei bestimmten Personengruppen (z. B. Stärken im visuell-räumlichen Notizblock und eher Schwächen in der phonologischen Schleife bei Kindern mit Down-Syndrom – Jarrold & Baddeley 2001) in den Vordergrund gestellt. Durch die Synthese der Daten aus Projektteil 1 und Projektteil 2 lässt sich feststellen, inwieweit bestimmte Arten von Darstellungen oder auch Designs von Kommunikationsoberflächen bei bestimmten kognitiven Ausgangsbedingungen (fluide Fähigkeiten, Arbeitsgedächtnis, Wiedererkennung) individuell hilfreich sind und/oder ob es vielleicht Visualisierungen oder Layouts von Kommunikationshilfen in der Unterstützten Kommunikation gibt, die generell und unabhängig von individuellen Ausgangsbedingungen effektiv sind.
Die gewonnen Erkenntnisse bilden die Basis für eine gezieltere Anpassung von Lernmaterialien und/oder Oberflächen im Kontext der Unterstützten Kommunikation und sind daher für den schulischen Kontext, für Unterricht an sich und für die Beratung hochgradig relevant.