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Cultural Leadership Lab

Cultural Leadership, Zusammenarbeit & Transformation

Im Cultural Leadership Lab ist Raum für lautes Denken, über Cultural Leadership und Zusammenarbeit in Kulturorganisationen, über Transformationsprozesse und ihre Stolpersteine genauso wie über gelungene Ideen und Beispiele aus der Praxis.

Dieser Blog wird geführt von Prof. Dr. Andrea Hausmann und enthält Beiträge, die auf LinkedIn veröffentlicht wurden.

Cultural Leadership Skills (4): Entscheidungskompetenz

Wirksame Führung braucht Kompetenzen. Unser Weiterbildungspaket „Leadership & Transformation“ setzt genau da an. In der Reihe „Cultural Leadership Skills“ stelle ich in lockerer Reihenfolge Schlüsselkompetenzen vor, die bei uns im Fokus stehen.

Nach meinen Posts zu (2) Kooperationskompetenz und (3) Diversitätssensibilität, geht es heute um Entscheidungskompetenz, einem Thema, dem ich mich auch am 6./7. November im Rahmen meines Seminars „Wirksam führen in Kulturorganisationen. Aufgaben kennen, Beziehungen gestalten“ widme.

Führungskräfte stehen regelmäßig vor komplexen Herausforderungen. Tagtäglich müssen programmatische, personelle, finanzielle oder organisatorische Entscheidungen getroffen werden – und dies häufig unter erheblichem Zeitdruck.

Eine ausgeprägte Entscheidungskompetenz oder anders ausgedrückt, die Fähigkeit,

  • Entscheidungsbedarf wahrzunehmen,
  • mögliche Handlungsalternativen zu identifizieren und gegeneinander abzuwägen,
  • eine Entscheidung zu treffen und
  • dafür die Verantwortung zu übernehmen,

ist daher essenziell für den Erfolg von Führung. Wie aber die eigene Entscheidungskompetenz stärken? Dafür habe ich folgende Empfehlungen:

  1. Klarheit über eigene Werte schaffen: Es lässt sich leichter zwischen Alternativen entscheiden, wenn Führungskräfte einen inneren Wertekompass haben.
  2. Perspektivenvielfalt einholen: Die Entscheidungsverantwortung kann häufig nicht delegiert werden. Der Weg hin zur Entscheidung muss allerdings nicht allein beschritten werden. Im Gegenteil: Wohl der Führungskraft, die weiß, welche Fachkompetenz im Team zu Rate gezogen werden kann.
  3. Entscheidungen üben: Jeder Entscheidungsbedarf führt an eine Weggabelung. Wenn sich Führungskräfte für einen Weg entscheiden, bleibt ein anderer zwangsläufig unerschlossen. Das Auszuhalten fällt leichter, je öfter Entscheidungen getroffen wurden.
  4. Entscheidungen reflektieren und daraus lernen: Zwangsläufig treffen Führungskräfte auch falsche Entscheidungen. Im Nachhinein ist man häufig schlauer. Wer hier zu lange hadert, verpasst die Gelegenheit, einen Plan zu machen, wie demnächst besser entschieden werden kann.

Fazit: Entscheidungskompetenz ist eine Schlüsselqualifikation für Führungskräfte. Je ausgeprägter diese Kompetenz ist, desto besser für die Zukunftsfähigkeit von Kulturorganisationen. Kluge Führungskräfte fördern diese Kompetenz auch in ihrem Team, damit jede Hierarchieebene befähigt wird, Entscheidungen zu treffen – und zu verantworten.

Mehr zum Thema finden Interessierte bei Hausmann, A./Zischler, L. (2024): Leadership in Arts Organisations, MacMillan und Ehlers, U.-D. (2020). Future Skills, Springer: Wiesbaden.

11.07.2025

Cultural Leadership Skills (3): Diversitätssensibilität

Wirksame Führung braucht Kompetenzen. In der Reihe „Cultural Leadership Skills“ gehe ich auf die vielfältigen, spannenden Inhalte unseres Weiterbildungspakets „Leadership & Transformation“ ein.

Nach meinem Post zu Netzwerkkompetenz geht es heute um die Bedeutung von Diversitätssensibilität, ein Thema dem sich Dr. Hendrikje Brüning Brüning im Juli widmet. Sie ist erfahrene Beraterin und Dozentin und begleitet erfolgreich Veränderungsprozesse mit dem Ansatz der Reflexiven Organisationsentwicklung.

Diversitätssensibilität bedeutet, die Vielfalt von Mitarbeitenden im Hinblick auf heterogene Lebensrealitäten, Identitäten und Backgrounds wahrzunehmen und anzuerkennen. Darin eingeschlossen ist ein offener Blick für eingefahrene Wahrnehmungs- und Denkmuster sowie persönliche Privilegien und die Bereitschaft, sich eigener Stereotypisierungen bewusst zu werden und Vorurteile abzubauen.

Diversitätssensibles Führungsverhalten fördert das Zugehörigkeitsgefühl und die Arbeitszufriedenheit in Teams und unterstützt die Öffnung von Kultureinrichtungen hin zu gesellschaftlicher Vielfalt und Chancengleichheit. Um diversitätssensibles Handeln und Zugehörigkeit in der internen Kultur nachhaltig zu verankern, sollten Führungskräfte

  1. Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichen Strukturen und der persönlichen Haltung verstehen,
  2.  die eigene Haltung, Rolle und Führungspraxis im Umgang mit Diversitätsmerkmalen reflektieren,
  3. verstehen, wie persönliche Merkmale zu Benachteiligung oder Ausgrenzung führen können – und wie sie sich gegenseitig beeinflussen,
  4. erkennen, dass diversitätssensible Führung nicht nur durch formale Handlungen & Strukturen, sondern insbesondere auch durch informelles Verhalten geprägt wird.
  5. verstehen, wie das eigene Verhalten als Führungskraft dazu beiträgt, ein sicheres Arbeitsumfeld und eine wertschätzende Zusammenarbeit zu fördern und welche konkreten Maßnahmen umgesetzt werden können, um ein diskriminierungsfreies Miteinander im Team zu fördern.

Fazit: Diversitätssensibilität ist für Führungskräfte in Kulturorganisationen eine wichtige Kompetenz, weil sie die Grundlage für ein respektvolles, diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld schafft, dadurch Zusammenarbeit, Arbeitszufriedenheit und Performance fördern kann – und sich indirekt auch positiv auf die Zugänglichkeit von Kulturorganisationen für ein vielfältige(re)s Publikum auswirkt.

Mehr zum Thema „Diversity“ finden Interessierte z.B.
... auf der Website des Zentrum für Kulturelle Teilhabe: https://lnkd.in/e3-gSYX6
…im Whitepaper „Erfolgsfaktor kulturelle Diversität und faire Teilhabe“: https://lnkd.in/eMDq8awd
...im Positionspapier der Kulturstiftung des Bundes: https://lnkd.in/epmsKdRH

01.07.2025

Cultural Leadership Skills (2): Kooperationen und Netzwerke

Wirksame Führung braucht Skills. Deshalb haben wir am Institut für Kulturmanagement Ludwigsburg vergangenes Jahr viel Zeit in die Konzeption eines Weiterbildungspakets für Verantwortungstragende im Kulturbereich gesteckt - mit Werkzeugen, die reflektiert eingesetzt werden können und einem Fundament, das Führungskräfte selbstbewusst und situationsgerecht handeln lässt. Ganz wichtig ist dabei die konkrete Anwendungsfähigkeit im Führungsalltag und die Erweiterung und Schärfung des eigenen Handlungsspielraums.

In der Reihe „Cultural Leadership Skills“ gehe ich auf die konkreten Inhalte unserer Kompaktseminare und Short Sessions unseres Weiterbildungspakets „Leadership & Transformation“ ein.

Es geht los mit dem Thema „Kooperationsmanagement und Netzwerke“ bei Nena Sindia Eckelmann als Führungskraft und Expertin in Sachen Networking. Sie ist seit vielen Jahren als Leiterin der Abteilung Development an den Staatstheatern Stuttgart tätig und vermittelt im Juli sowohl Mitarbeitenden als auch Führungskräften wertvolles Know-how zur Identifikation und richtigen Ansprache von Partner*innen.

  • Netzwerkkompetenz ist für Führungskräfte entscheidend, um Kooperationen zu initiieren, Fördermittel zu sichern und gemeinsam Neues auszuprobieren. In einem oft ressourcenorientierten, interdisziplinären Umfeld kann der strategische Aufbau von Partnerschaften die Sichtbarkeit und gesellschaftliche Wirkung der eigenen Institution und deren Kulturangebote stärken.

Je nach Größe und personellen Ressourcen der Einrichtung können Führungskräfte in diesem Feld folgende Aufgaben übernehmen:

  1. Kontakte aufbauen und pflegen – für die eigene Führungsarbeit (z.B. kollegialer Austausch)
  2. Kontakte aufbauen und pflegen – für die Gesamtorganisation (z.B. gemeinsame Projekte, Kompetenzbündelung)
  3. Netzwerkkompetenz im Team fördern – Mitarbeitende empowern, Kooperationen aufzubauen (z.B. durch Teilnahme an Veranstaltungen, Tagungen etc.)
  4. Die Zukunftsfähigkeit der Organisation durch den gezielten Aufbau von Kooperationen stärken – und den fachlichen Diskurs im eigenen Wirkungsfeld partnerschaftlich mitprägen
  5. Netzwerkziele setzen – Formate für das Kooperationsmanagement finden (z.B. regelmäßiger Jour Fixe zum Thema festlegen und besprechen, welche Kooperationen angestoßen werden sollen)

Fazit: Kooperationen und Netzwerkaufbau sind wichtige Hebel für moderne und nachhaltig erfolgreiche Kultureinrichtungen und ein strategisches Handlungsfeld im Kulturmanagement.

18.06.2025

 

Cultural Leadership Skills (1): Die Kompetenz, wirksam zu führen

Führung ist in Kulturorganisationen, auch angesichts zunehmender Komplexität und Systemherausforderungen, ein immens wichtiges Thema geworden. Gute, wirksame Führung fördert u. a. Performance, Arbeitszufriedenheit und Teamzusammenhalt, schlechte Führung bewirkt das Gegenteil.

Wie aber kommen Verantwortungstragende in Kulturorganisationen angesichts oft fehlender (fachlicher und/oder praktischer) Vorerfahrungen zu wirksamer Führung?

Dazu braucht es die Entwicklung von Führungskompetenz.

Mit Kompetenz meine ich die Fähigkeit, Wissen und Können (d. h. Fähigkeiten und Fertigkeiten) zu verbinden, um berufliche Handlungsanforderungen zu bewältigen - insbesondere auch in jenen Situationen, die ein nicht routinemäßiges Handeln und Problemlösen erfordern.

Wichtig ist: Kompetenzen i.e.S. lassen sich nicht erlernen – und nicht durch andere vermitteln. Was sich aber erlernen und von uns in der Weiterbildung vermitteln lässt, ist Wissen.

Vor diesem Hintergrund beschäftigen wir uns intensiv damit, welches praxisnahe Wissen es in welchen Themenfeldern braucht, damit Führung in Kulturorganisationen gelingt.

Wir haben uns für folgenden Kanon entschieden, den wir regelmäßig um neue Themen/Formate ergänzen und den ich nachfolgend beispielhaft illustriere:

  • Führung i.e.S.: Was sind die Prinzipien, Kernaufgaben und Tools von wirksamer Führung?
  • Selbstführung: Was brauchen Führungskräfte, um sich selbst zu organisieren und zu regulieren? Wie bleiben sie dauerhaft leistungsfähig?
  • Kommunikation: Wie lassen sich Gespräche effektiv gestalten? Welche Muster, Axiome und Modelle helfen in praktischen Situationen?
  • Konflikte: Wann sind Konflikte funktional? Wie lassen sich Konflikte beruhigen und regulieren?
  • Teams: Wie lassen sich Teams effektiv zusammenstellen? Wie lässt sich Kohäsion fördern? Wie schwierige Teamdynamiken erkennen?
  • Kooperationen: Wie können Netzwerke die eigene Führungsarbeit unterstützen? Wie lässt sich ein strategisches Netzwerk aufbauen?
  • Diversität: Welche Chancen und Herausforderungen gibt es? Welche Rolle spielen Führungskräfte im Diversitätsmanagement?
  • Nachhaltigkeit: Welche Dimensionen sind für die eigene Organisation relevant? Wie Zukunftsfähigkeit und Systemresilienz fördern?
  • Digitale Transformation: Wie den notwendigen Wandel einleiten und eine Kultur von Innovation und Lernbereitschaft fördern? Mit welchen Prozessen und Modellen anfangen?

09.06.2025

Leadership in a Nutshell (11): Heute schon gemeinsam gegessen?

Der World Happiness Report 2025 ist publiziert und enthält wie immer interessante Ergebnisse. Und dabei geht es mir Weiteren nicht darum, wie glücklich oder unglücklich Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern ist (Platz 22 von 147), sondern um einen konkreten Happiness-Faktor. Aber der Reihe nach:

Ich nahm im persönlichen Arbeitskontext bei einer Organisationseinheit mit hohem Servicecharakter seit einiger Zeit wahr, dass sich hier der Umgang mit den internen Kunden und Kundinnen um 180 Grad gedreht hatte: Von vorher mürrisch, barsch und unflexibel, hin zu Interaktionen, die nicht nur mich mit gutem Gefühl und einem Lächeln aus dem Kontakt entließen.

Ich war sehr angetan und knobelte berufsbedingt an der Frage herum, was sich da wohl im Leadership verändert haben könnte. Tage später bekam ich eine mögliche Antwort nonverbal geliefert: Das besagte Team saß in stiller Einmütigkeit beim gemeinsamen Frühstück.

Und tatsächlich zeigt die empirische Forschung, und hier kommt der World Happiness Report 2025 wieder ins Spiel, dass gemeinsames Essen Beziehungen stärken und Stress lindern kann. Einige Zitate aus dem Bericht: „Those who share more meals with others report significantly higher levels of life satisfaction and positive affect, and lower levels of negative affect. This is true across ages, genders, countries, cultures, and regions. (...) Meal sharing also appears to be closely related to some, but not all, measures of social connectedness. (...) Social connections are important drivers of happiness“ (S. 59).

Auch wenn es im WHR nicht spezifisch um gemeinsames Essen in der Arbeitswelt geht und noch einiges ungeklärt ist, was die Kausalzusammenhänge des Teilens von Mahlzeiten, des subjektiven Wohlbefindens und der sozialen Beziehungen betrifft, so erlaubt der aktuelle Forschungsstand zweifellos, das mal auszuprobieren. Und zwar in guten, wie in schlechten Zeiten – so wird das gemeinsame Essen in der Konfliktliteratur aufgrund seiner hohen Symbolkraft als ein probates Mittel zur Deeskalation und Kontakt(wieder)herstellung diskutiert.

Helliwell, J. F., Layard, R., Sachs, J. D., De Neve, J.-E., Aknin, L. B., & Wang, S. (Hrsg.). (2025). World Happiness Report 2025. University of Oxford: Wellbeing Research Centre. (Kapitel 3).

Jiranek, H./Edmüller, A. (2021). Konfliktmanagement. Konflikten vorbeugen, sie erkennen und lösen.
6. Aufl. Haufe: Freiburg, S. 245f.

03.06.2025

LEADERSHIP IN A NUTSHELL (10): Die Kraft des Wir? So kann es klappen

Nach meinen Posts zu Varianten sowie Chancen und Risiken von geteilter Führung in Kulturorganisationen geht es heute abschließend um die Gelingensbedingungen. Wieder liegt der Fokus auf Co-Leadership mit zwei Führungspersonen im Top Management, wobei vieles auch für andere Modelle gilt.

  1. Bereitschaft, die Arbeitsbeziehung zu pflegen: An keiner Stelle sonst in der Organisation ist es so wichtig, dass die Arbeitsbeziehung aktiv gestaltet und gepflegt wird. Schlüsselwörter wie Vertrauen, Commitment, Transparenz, Fairness haben aufgrund der Strahlkraft in alle anderen Bereiche besondere Bedeutung. Eine belastbare Arbeitsbeziehung, die nicht bei jedem Sturm aus der Kurve getragen wird, ist das Ziel.
  2. Wille, zu kommunizieren: Dieses Führungsmodell erfordert hohe Kommunikationsbereitschaft, weil laufend Informationsasymmetrien abgebaut, Missverständnisse aus dem Weg geräumt werden müssen. Von täglichen Check-Ins, über digitale Visionboards bis hin zu regelmäßigen Jour Fixes und Mittagspausen ist der Fantasie keine Grenze gesetzt. Den anderen im eigenen Handeln mitzudenken, so lässt es sich auf den Punkt bringen.
  3.  Fähigkeit, Konflikte zu führen und zu regulieren: Führung teilen ist kein Honigschlecken.  Unterschiedliche Auffassungen zu strategischer Ausrichtung, Zielen, Werten, Haltungen sind die Regel, nicht die Ausnahme. Aufgrund des Mehrwerts gut geführter Konflikte für die Organisationsentwicklung, ist es wichtig, dass sich zwei mit ihren Triggerpunkten auskennen und Konflikte sowohl aktiv eingehen als auch beruhigen können.
  4.  Bereitschaft, sich selbst zu reflektieren: Was will ich als Teil des Führungsduos? Welche Werte und Haltungen sind für mich wichtig, ggf. unverhandelbar? Wo kann ich Zugeständnisse machen und Entscheidungen mittragen? Um was geht es mir eigentlich, wenn ich Themen vorantreibe oder einbremse? Das sind Fragen, die der eigenverantwortlichen Selbstreflexion bedürfen.
  5. Einbindung Dritter: Sollte spätestens dann in Erwägung gezogen werden, wenn es in der Dyade einfach nicht klappen will. Durch die externe Unterstützung können Erwartungen, Haltungen, Bedürfnisse etc. abgeglichen und u.U. harmonisiert werden. Manchmal wird die Erkenntnis aber auch sein, dass eine vorzeitige Trennung das Beste ist.
  6. Sensibilisierung von Auswahl-/Findungskommissionen: Berichte von Bewerbungsprozessen, in denen die zweite Person ohne Einbeziehung der ersten gesucht wurde, lassen mich etwas ratlos zurück. Sollte es nicht ein Anliegen der zuständigen Kommissionen sein, auch die soziale Passung der künftigen Doppelspitze im Blick zu behalten und zu prüfen, ob das künftige Duo komplementäre Kompetenzen hat und sich zur geteilten Führung bekennt?

01.06.2025

LEADERSHIP IN A NUTSHELL (9): Die Kraft des Wir? Chancen und Risiken geteilter Führung

Von echten Doppelspitzen, Co-Leadership im Jobsharing, über kollektive Führung und Shared Leadership gibt es verschiedene Varianten geteilter Führung in Kulturorganisationen. Und es gibt gute Gründe für die Verteilung von Führungsaufgaben auf mehrere Schultern. So ist das Führungsmodell prinzipiell geeignet, um Kulturorganisationen in unserer dynamischen, komplexen Arbeitswelt agiler, innovationsfreudiger, resilienter aufzustellen. Es gibt allerdings auch nicht wenige Risiken, die mit geteilter Führung verbunden sind – und die zu organisationaler Schwerfälligkeit, Innovationsaversion und Labilität führen können. In meiner Infografik dazu liegt der Fokus auf Co-Leadership zwischen zwei Führungskräften im Top Management.

Weil für andere Varianten von Co-Leadership (siehe vorheriger Post) andere bzw. zusätzliche Risiken gelten, möchte ich nachfolgend noch auf zwei Besonderheiten eingehen:

Die Führungsspitze besteht aus drei Personen, es entsteht also ein Beziehungsdreieck. Das geht im besten Fall gut, weil sich Mehrheiten und Koalitionen, z. B. bei Entscheidungen, sachorientiert immer wieder neu bilden können. Im anderen Fall kann es allerdings passieren, dass sich in der Triade dauerhaft zwei Beteiligte stärker verbunden fühlen, der/die Dritte also oft – tatsächlich oder gefühlt – außen vor ist. Das kann viele Gründe haben: Zwei haben gemeinsam angefangen, kennen sich aus anderen Projekten, teilen denselben fachlichen Background etc. etc. Wird diese dyadische Allianz nicht aufgelöst, bleibt der dritten Person also der Zugang zu wichtigen Ressourcen (Einfluss, Kontrolle, Informationen etc.) dauerhaft verwehrt, so wird dieses Führungsmodell vorzeitig scheitern (und wegen der Konfliktanfälligkeit persönlichen und organisationalen Schaden anrichten).

Führungskollektive sind unterschiedlich groß, von vier über sechs bis acht Personen findet sich einiges (u. a. abhängig von der Anzahl der Sparten/Geschäftsbereiche). Hier gilt es die mit wachsender Kollektivgröße exponentiell ansteigenden Kommunikationsbeziehungen im Blick zu behalten: Während 4 Personen 6 Kommunikationslinien haben, entstehen bei 6 Personen bereits 15, wenn alle mit allen direkt sprechen wollen. Diese Komplexität lässt sich nicht nur theoretisch berechnen (KL = n⋅(n−1)/2), sondern viele, die Teil solcher Führungskollektive waren, stellen auch ganz praktisch fest, was es bedeutet, wenn alles so intensiv miteinander diskutiert werden muss ( Inhalte, aber z. B. auch Führungsstile, Umgang mit Konflikten, Krisen, Stakeholdern), dass am Ende viel zu wenig Zeit für das Eigentliche, die Kunst, die Inhalte, bleibt. Erschwerend kommt hinzu, dass auch ein kollektives Leitungsmodell nicht als Selbstläufer vor Machtmissbrauch schützt.

28.05.2025

LEADERSHIP IN A NUTSHELL (8): Die Kraft des Wir? Führung teilen in Kulturorganisationen (I)

Kulturorganisationen müssen sowohl künstlerisch (inhaltlich/wissenschaftlich) als auch kaufmännisch geführt werden. Beide Aufgaben sind anspruchsvoll, benötigen eigene Kompetenzen und können selten durch eine Person allein abgedeckt werden. Vor allem für größere Kulturorganisationen – in anderen Fällen auch aufgrund des expliziten Wunschs der Träger – wird seit einigen Jahren das Modell der geteilten Führung propagiert.

Geteilte oder plurale Führung – englisch: Co-Leadership – bedeutet im Kern nichts anderes, als dass sich zwei oder mehr Personen Verantwortung teilen und Entscheidungskompetenzen kombiniert werden. Ab hier besteht dann weniger Einigkeit in Forschung und Praxis, vielmehr gibt es viele Varianten dieses Führungsmodells und einiges an Begriffswirrwarr.

  • Co-Leadership 1: Zwei Personen m Top-Management teilen sich die Leitungsaufgaben, z.B. Intendanz und Verwaltungsleitung. Da die Aufgabenbereiche unterschiedlich sind, wird auch von "Führungsdual" oder "funktionaler Doppelspitze" gesprochen. Sind die beiden hierarchisch gleichberechtigt, dann wird as als "echte Doppelspitze" bezeichnet, sind sie es nicht, dann als §unechte Doppelspitze". Letzteres ist häufiger der Fall, da künstlerisch/inhaltliche Führung als vorrangig betrachtet wird.
  • Co-Leadership 2: Es gibt eine Vollzeitstelle im Top-Management (z.B. Museumsleitung), die aber von zwei gleichrangigen Personen als Führungstandem in Teilzeit ausgefüllt wird. Der im Post verlinkte Beitrag von Christina Ludwig aus dem Kultumanagement Network Magazin gibt hier interessante Einblicke. Diese Variante findet sich auch im mittleren Management und ist eine Form des Jobsharings.
  • Co-Leadership 3: Vor allem im Bereich der Darstellenden Kunst gibt es aufgrund der problematischen Machtkonzentration Bestrebungen, mehr als zwei Personen mit formal voneinander abgegrenzten Führungsaufgaben auf oberster Hierarchieebene zu installieren. In der Literatur wird dies als "verteile Führung" (Distributed Leadership) bezeichnet, die Theaterpraxis spricht von "kollektiver Führung". So hat das Theater Rampe in Stuttgart kurzfristig mit drei Spitzen experimentiert, auch im Theater Erfurt war ab 2027 eine Team-Intendanz geplant (steht aus kommunalrechtlichen Gründen allerdings derzeit zur Disposition). Am Deutschen Nationaltheater beweist sich ab der Spielzei 25/16 ein 4er-Kollektiv in der Theaterleitung.
  • Shared bzw. Collective Leadership: Im Deutschen auch als "gemeinschaftlich geteilte Führung" bezeichnet, wird in der Theorie hierunter ein Führungsmodell verstanden, bei dem auch Teammitglieder Führung übernehmen sollen ('Führung durch viele'). Dieses Begriffsverständnis finde ich persönlich wenig überzeugend, da jede gute Führungskraft Mitarbeitende darin untersttzen wird, Verantwortung für Entscheidungen in ihrem Aufgabenbereich zu übernehmen. Daher verwundert es auch nicht, dass Shared Leadership in der Kulturpraxis häufig im Wortsinn genutzt wird, nämlich als geteilte Führung, meist im Top Management - und damit eine der o.g. Varianten des Co-Leadership darstellt.

Seltenes Glück, es gibt tatsächlich aktuelle Literatur aus dem Kulturmanagement zum Thema: Reid, W./ Fjellvær, H. (2023). Co-Leadership in the Arts and Culture. Sharing Values and Vision. Routledge: Oxon. Sowie frisch aus der deutschen Praxis ein Interview mit Dr. Christina Ludwig im Interview mit Kristin Oswald (2025): Aus eins mach zwei. In: Kulturmanagement Network Magazin, Jan/Feb 2025, Nr. 182, S. 73-78. Betriebswirtschaftliche Literatur: Endres, S./Weibler, J. (2019). Plural Leadership. Eine zukunftsweisende Alternative zur One-Man-Show Wiesbaden: Springer.

Spoiler alert: Ich blicke auf dieses Thema nicht allein aus theoretischer Perspektive, bin vielmehr selbst seit über 8 Jahren Teil eines solchen Führungsmodells. Ich habe mich damals bewusst dafür entschieden, nach über 14 Jahren universitätstypischer "Alleinherrschaft". Bewusst heißt, ich war mir im Klaren darüber, dass geteilte Führung Entwicklungsschritte verlangen wird, wenn sie funktionieren soll. It was not always easy… Daher geht es in einem nächsten Post mit den Chancen, Herausforderungen und Gelingensbedingungen weiter.

13.05.2025

WAS SAGT DIE FORSCHUNG (2)? Arbeiten im Homeoffice - Impulse für Kulturorganisationen

Eine der größten Veränderungen in der Arbeitswelt von Kulturorganisationen ist die Abnahme der Büropräsenz und die Zunahme von Homeoffice. Auf das Thema kann man aus unterschiedlichen Perspektiven gucken (Teamzusammenhalt, Mental Health, Vereinbarkeit etc.) und die Diskussion wird an vielen Stellen emotional geführt. Was aber sagt die Forschung zum aktuellen Stand diesbezüglich? Das Future Work Lab der Universität Konstanz führt unter der Leitung von Florian Kunze seit 2020 Studien zum Thema durch, deren Ergebnisse auch für Kulturorganisationen interessant und nutzbar sind:

  • Der Wunsch nach Homeoffice und mobilem Arbeiten bleibt hoch (im ∅ 2,77 Tage). Interessant sind dabei die Abweichungen nach oben (Mitarbeitende ohne Führungsverantwortung: ∅ 2,9 Tage) und unten (Mitarbeitende mit Führungsverantwortung: ∅2,63 Tage).
  • Knapp drei Viertel der Befragten gaben an, dass sie bei künftiger Jobsuche stark darauf achten werden, dass der Arbeitgeber Homeoffice und mobiles Arbeiten anbietet (71 Prozent).
  • Nur knapp ein Fünftel der Befragten (19 Prozent) berichtet aus dem eigenen Arbeitsumfeld eine Rückkehr zur Präsenzpflicht. Interessant: Mehr Präsenz wird v.a. von jenen Arbeitgebern verlangt, die Personal abbauen wollen (und offenbar darauf setzen, dass jene Personen, denen eine flexible Arbeitsform wichtig ist, selbst kündigen).
  • Starre Anwesenheitsregelungen führen zu keinem messbaren Produktivitätsgewinn, resultieren aber tendenziell in mehr Erschöpfung. Die Ergebnisse sind hier nicht ganz eindeutig, es darf vorsichtig vermutet werden, dass verstärkte Präsenzpflicht Konsequenzen für Mental Health und Mitarbeitendenbindung hat.

Die Einstellung von Führungskräften hat sich zum Positiven verändert. Es ist ihnen in den vergangenen Jahren offenbar gelungen, erfolgreich neue Formen der Arbeitsorganisation zu implementieren, insbesondere mit Blick auf Kommunikation und Prozesseffizienz. Allerdings: Je höher die Führungsebene, desto kritischer bleibt die Einstellung zum mobilen Arbeiten. So wünscht sich ein Drittel im Top Management eine stärkere Präsenzpflicht (32 Prozent) gegenüber 27 Prozent im mittleren Management und nur 16 Prozent im unteren Management.

Mögliche Rückschlüsse für Kulturorganisationen:

  • Flexible, hybride Arbeitsformen sollten auch im Kulturbereich zu einem strukturellen Element moderner Arbeitskultur gehöen, in jedem Fall dort, wo die Aufgabenfelder es zulassen. Die Möglichkeit zur Integration von Homeoffice und Büropräsenz wird von umworbenen Fachkräften mittlerweile vorausgesetzt.
  • Der Unterschied bei Mitarbeitenden mit und ohne Führungsverantwortung hinsichtlich der konkreten Zahl von Präsenztagen ist sachlogisch naheliegend. Führungskräfte müssen nun mal das große Ganze im Blick behalten. Und nicht alles lässt sich dauerhaft via E-Mail, Zoom & Co. klären.
  • Gerade strittige Themen oder Aufgaben, die besondere Kreativität und Teamspirit erfordern, brauchen gemeinsame Energie in einem Präsenzraum. Und manchmal muss man sich auch einfach mal in der Kaffeeküche auf den Füßen stehen und über Kuriositäten des Arbeitsalltags lachen; Spannungsabbau und Bonding, das so ohne weiteres nicht im virtuellen Raum zu haben ist.
  • Als Führungskraft würde ich sagen: Eine eigene Haltung entwickeln und gleichzeitig offen bleiben für situative Faktoren und individuelle Bedürfnisse. Nicht alles kann und sollte möglich sein, zum Schutz der Zusammenarbeit und im Sinne der Performance. Der aktive Gestaltungsprozess im Team und das im Gespräch bleiben mit den Einzelnen erlaubt aber, mehrere Perspektiven unter einen Hut zu bringen, bzw. auszutarieren.
  • Eine Rückkehr zur vollständigen Präsenzpflicht sollte dabei in jenen Kulturberufen, die Homeoffice grundsätzlich erauben, nicht zur Diskussion stehen.
  • Last but not least weise ich immer wieder gerne darauf hin: Homeoffice bedeutet für jede*n etwas anderes. Von perfeker Lösung über Überforderung bis hin zu Isolation und Depression ist alle drin. Nicht immer merken Mitarbeitende (oder Führungskräfte) die negativen Auswirkungen früh genug, daher ist es m.E. eine gute Idee, über die Chancen und Herausforderungen im Gespräch zu bleiben und sich im Durchschnitt auf zwei, drei gemeinsame (!) Tage zu einigen.
  • Was jedenfalls nicht unterschätzt werden sollte: In Präsenzzeiten können wir anders in Resonanz gehen - und unser Gegenüber in Gänze wahrnehmen (und eben nicht nur als "floating head" ;) ).

Sample, Methode & Quelle:
Stichprobe der Erwerbsbevölkerung; bislang sind insgesamt 18 Befragungswellen in Zusammenarbeit mit dem Online Dienstleister Bilendi durchgeführt worden. Im März 2025 wurden 1.007 Personen befragt

Kunze, F./Hampel, K. (2025): Zwischen Präsenzpflicht & Homeoffice-Euphorie. Stand des mobilen Arbeitens fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie, verfügbar unter: https://lnkd.in/eB3aTWf9 (abgerufen am 17. April 2025)

18.04.2025

Was sagt die Forschung (1)? Weniger arbeiten = gesünder und zufriedener in Kulturorganisationen?

Wie immer bei neuen Konzepten erfährt auch die 4-Tage-Woche eine gewisse Hype. Dies begründet sich u.a. in der Annahme, dass eine verkürzte Arbeitswoche für Vollzeitkräfte die Gesundheit, Arbeitszufriedenheit und Performance fördert. Insofern dockt das Konzept an der sehr aktuellen arbeitswissenschaftlichen Frage an, wie es angesichts des demografischen Wandels und eines sinkenden Arbeitsangebots gelingen kann, die Gesundheit und Erwerbsfähigkeit der Einzelnen über ein längeres Erwerbsleben zu wahren. Das Institut der deutschen Wirtschaft hat dazu eine Studie vorgelegt, deren Ergebnisse auch für Kulturorganisationen interessant sind.

Im Überblick:

  • Rund 37 Prozent der Beschäftigten in Deutschland arbeitet in so genannter „normaler Vollzeit“, d.h. zwischen 35 und 40 Wochenstunden.
  • Wer Vollzeit arbeitet, ist nicht erschöpfter als Mitarbeitende in Teilzeit – weder körperlich noch emotional.
  • Unabhängig von der Arbeitszeit ist die Arbeitszufriedenheit in beiden Gruppen hoch und auch der allgemeine Gesundheitszustand unterscheidet sich kaum.
  • Nur wer mehr als 48 Wochenstunden arbeitet, hat ein erhöhtes Risiko für körperliche und emotionale Erschöpfung. Besonders betroffen sind - nicht überraschend - jene, die regelmäßig Überstunden leisten.
  • Allerdings gilt grundsätzlich: Individuelle tätigkeits- und personenbezogene Merkmale bestimmen den Zusammenhang zwischen der Länge der Arbeitszeit und den (wahrgenommenen!) negativen Auswirkungen. So erleben z. B. Führungskräfte, die regelmäßig mehr als 48 Wochenstunden arbeiten, ihre Arbeit nicht als weniger attraktiv aufgrund ihrer größeren Handlungsspielräume bei der Arbeitsgestaltung.


Sample & Methode:
Datengrundlage bilden faktisch anonymisierte Daten der BAuA-Arbeitszeitbefragungen aus 2021 und 2015. Diese Befragung wird alle zwei Jahre erhoben und umfasst Personen ab 15 Jahren in Privathaushalten in Deutschland, die mindestens einer Erwerbsarbeit im Umfang von zehn Wochenstunden nachgehen.

Quelle:
Hammermann, A. (2025): IW-Trends Zum Zusammenhang zwischen Länge der Arbeitszeit und Erschöpfungszuständen: Eine Analyse auf Basis der BAuA-Arbeitszeiterhebung, Köln.

14.04.2025

LEADERSHIP IN A NUTSHELL (7): Soll ich Deine Verantwortung tragen?

Ein Dauerthema für Führungskräfte in Kulturbetrieben ist das Finden der richtigen Balance zwischen Fördern und Fordern, zwischen Delegieren und selbst machen, zwischen Verantwortung übernehmen und Verantwortung einfordern. Einige Überlegungen hierzu:

Unter Verantwortung wird hier die begründete Zuständigkeit oder Verpflichtung verstanden, die bei jemandem für etwas und gegenüber jemandem liegt. Führungskräfte haben z. B. qua Position und Rolle die Verantwortung gegenüber ihrem Team, Ziele zu setzen, Orientierung zu geben, Entscheidungen zu treffen und Ressourcen zu verteilen.

Nun wird häufig bemängelt, dass Führungskräfte zu wenig Verantwortung übernehmen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass man sich als Führungskraft schnell daran gewöhnen kann, Verantwortung zu übernehmen – und dieser Modus Operandi dann zu einem kaum noch reflektierten Automatismus wird. Und auch Mitarbeitende gewöhnen sich an ein solches Sicherheitsnetz.

Wer hier als Führungskraft nicht aufpasst, landet bald in der Verantwortungsfalle. D.h. er/sie übernimmt auch dort Verantwortung, wo eigentlich die Mitarbeitenden gefragt wären. (Und dies vielleicht auch gerne wollen würden – aber das ist ein anderer Post). Eine Überlastung mit entsprechenden Konsequenzen (fehlender Fokus, Schnellschuss-Entscheidungen, Unzufriedenheit, Krankheit etc.) ist zwangsläufig.

Helfen kann die Denkfigur des Führens mit dem Prinzip der Selbst- bzw. Eigenverantwortung. Hier verstanden als die freiwillige, aktive Bereitschaft von Mitarbeitenden – im Sinne eines bewussten Wählens und Wollens –, Verantwortung für das eigene Handeln am Arbeitsplatz (aber natürlich auch
für das Unterlassen bzw. Nicht-Handeln) zu übernehmen und Konsequenzen zu tragen. Der Satz „das hat man mir so gesagt“ verweist zugespitzt auf eine Organisationskultur, in der diese Selbstverpflichtung eher schwach ausgeprägt ist.

 Verantwortungsbewusste Führungskräfte (und von denen handelt dieser Post) prüfen Verantwortungszuschreibungen und weisen sie bei Bedarf zurück, z.B. dann, wenn Aufgaben unvollständig abgeliefert oder notwendige Entscheidungen (ohne Vorstrukturierung und Vorabwägung der Alternativen!) angetragen werden. Gleichzeitig halten sie bei dieser Verantwortungsrückübertragung Stellensituation und -inhabende im Blick. Insbesondere auch wenn es einen „stretch“ braucht, um mitarbeiterseits an neuen Verantwortungen zu wachsen.

Diese Denkfigur ist m.E. keine leichte Übung. Vielmehr ist ein kontinuierliches Austarieren, Einüben und Rückmelden notwendig. Das ändert nichts am Ziel: Ein bewussterer Umgang damit, wer für was Verantwortung übernehmen darf, soll und muss. Und nicht durchgehen zu lassen, wenn jemand unter ihrer/seiner Verantwortung bleiben möchte.

24.03.2025

LEADERSHIP IN A NUTSHELL (6): Kulturbetriebe entwickeln – wie umsetzen?

Anknüpfend an meinen letzten Post zur Organisationsentwicklung geht es heute in medias res: Wie gut durch die Umsetzungsphase kommen? Nachstehend einige Tipps für Kulturbetriebe:

Passgenaue Maßnahmen entwickeln: Veränderungsmaßnahmen greifen am besten, wenn sie auf die Situation vor Ort zugeschnitten sind – und wenn sie mit und von den Mitarbeitenden entwickelt werden. Das braucht Zeit und oft mehrere Schleifen, aber das lohnt sich.

  • Kommunikation, Teilhabe, Transparenz: Viele der in der Infografik aufgeführten Methoden eignen sich, um Teilhabe zu fördern und Räume für Austausch zu schaffen. Es sollte Mitarbeitenden möglichst leicht gemacht werden, zu wissen, wo der Prozess gerade läuft, hängt oder justiert wird.
  • Quick Wins anpeilen & Meilensteine feiern:
  • Jeder Veränderungsprozess stößt auf Hürden und Ermüdungserscheinungen sind vorprogrammiert. Kleine Erfolge sichtbar zu machen und größere Meilensteine bewusst zu feiern, hält die Motivation hoch, sorgt für neuen Schwung und macht Ergebnisse greifbarer.
  • Konflikte nutzen: OE wirkt oft als Katalysator für bestehende Konflikte. Und Störungen haben Vorrang, da ansonsten Stagnation oder Überlastung des Veränderungsprozesses droht. Konflikte daher möglichst adressieren und regulieren, bevor nächste Projektschritte (vorschnell) eingeleitet werden.
  • Fähigkeiten fördern: Keine OE ohne Kompetenzentwicklung! Veränderungen gelingen, wenn Mitarbeitende mitgenommen werden. Gezielte Weiterbildung, z. B. in neue Arbeitsmethoden, baut Ängste ab, fördert die Arbeitszufriedenheit und erhöht die Personalbindung.
  • Fehler als Lerngeschenke: Neues wird ausprobiert – und dabei werden Fehler entstehen. Statt den Schuldigen zu suchen, lieber daraus lernen und weiter gehts. Dazu braucht es in Kulturbetrieben auch Führungskräfte, die den Mut haben, Räume zu schaffen, in denen Teams eigenverantwortlich und selbstorganisiert Lösungen testen können.

Tools in der OE: Schifferer, S./von Reitzenstein, B. (2017). Tools und Instrumente der Organisationsentwicklung, Springer: Wiesbaden; Hands-on Tools für die Arbeit in und mit Gruppen: Paar, K. (2023). Workshops machen. Campus: Frankfurt am Main.

22.02.2025

LEADERSHIP IN A NUTSHELL (5): Kulturbetriebe entwickeln – wie starten?

Organisationsentwicklung beschreibt einen systematischen, zielorientierten, langfristigen und partizipativen Veränderungsprozess in Kulturbetrieben. In unserem demnächst im Springer Verlag erscheinenden Leitfaden stellen wir u. a. praxiserprobte Tools für den Start, die Umsetzung und die Evaluation solcher Prozesse vor. In der Startphase geht es darum, die aktuelle Situation im Kulturbetrieb zu analysieren (z. B. durch Dokumentenanalysen, Interviews, Mitarbeitendenbefragungen) und die Beschäftigten über das Vorhaben zu informieren und zur Partizipation einzuladen. Dies geschieht in Kick-Off-Veranstaltungen, in denen typischerweise folgende Fragen aufgerufen werden:

  • Wer soll da mitmachen? Alle! Da das insbesondere in größeren Kulturbetrieben aus verschiedenen Gründen nicht der Fall sein wird: möglichst viele. Denn nur, wenn es gelingt, eine Mehrheit mit auf die Reise zu nehmen, werden die Veränderungen in der Breite getragen und Ideen als „eigene“ akzeptiert.
  • Was soll geändert werden? Das, was geändert werden muss, um als Kulturbetrieb effektiver und effizienter zu agieren. Das reicht von Strukturen, Prozessen, Denkweisen bis hin zur Modi der Zusammenarbeit und internen Kommunikation.
  • Wie lange soll das dauern? Im Prinzip gilt frei nach Sepp Herberger: Nach der Organisationsentwicklung ist vor der Organisationsentwicklung. Letztlich sind wir auf der individuellen und institutionellen Ebene gleichermaßen immer wieder gefordert, uns zu hinterfragen, zu entwickeln, neuen Gegebenheiten mit neuen Mechanismen zu begegnen. Andererseits: nobody „likes“ change, ein Status quo bietet Verlässlichkeit, Berechenbarkeit etc. Daher muss es immer auch Phasen der Erholung geben, in denen das Neue ausprobiert, eingeübt, angepasst und angenommen werden kann.
  • Was soll uns das bringen? Eine ehrliche Antwort hierauf lautet: Viele Erfolgserlebnisse durch Selbstwirksamkeit, neues Miteinander, Einüben einer stärker interaktiven, partizipativen Arbeitskultur. Aber auch Mehraufwand durch Teilnahme an z. B. Workshops und Arbeitsgruppen, Scheitern von guten Vorsätzen und an bürokratischen Grenzen, Frustration durch Tempoverschlepper und Veränderungsblockiererinnen. Im Umgang mit den Herausforderungen kann es helfen, das Veränderungstempo zeitweise zu drosseln, Meilensteine neu zu setzen, kleinere Erfolgserlebnisse zu suchen, weitere Unterstützer am Wegesrand zu sammeln.

Anlässe für Organisationsentwicklung können sein:

  • Organisationskultur (z.B. Werte, Leitbild, Führungsgrundsätze, Zusammenarbeit)
  • Interne Kommunikation (z. B. Teambesprechungen, Jahresgespräche, abteilungsübergreifende Vernetzung)
  • Strukturen (z.B. Hierarchieebenen, Abteilungszuschnitte, Teamgrößen)
  • Ziele und Strategien (z.B. nach Wechsel von Führungskräften, Neuausrichtung)
  • Abläufe (z.B. Abstimmungsprozesse, Entscheidungsprozesse)

Klassiker der OE-Literatur: Schiersmann, C., & Thiel, H.-U. (2018). Organisationsentwicklung. (5. Aufl.). Wiesbaden: Springer; spannender Bericht aus der OE-Praxis: Wiesbauer, A. (2015): Organisationsentwicklung an einem Wiener Museum. Was können wir? Wohin wollen wir? In F. Look, U. Poser, G. Röckrath, O. Scheytt (Hrsg.), Handbuch Kulturmanagement. J. 1.19, (S. 97-114). Stuttgart: Raabe.

20.02.2025

LEADERSHIP IN A NUTSHELL (4): Navigieren in rauer See – Werte als innerer Kompass

Das Jahr ist noch jung, die Vorsätze noch groß. Mehr Fokussiertheit, mehr Gelassenheit, mehr Wertschätzung – es gibt vieles, was Führung in Kulturbetrieben guttun würde. Und dann bricht sich der Alltag jeden Tag mehr Bahn und vieles droht im Laufe der tickenden Jahresuhr verloren zu gehen. Mit der Fokussierung von Werten kann es gelingen, Vorsätze über die Zeit hinweg (gemeinsam) zu sichern:

  • Werte besagen, wie es wünschenswert wäre, sich zu verhalten. Werte sind Zielvorstellungen für das Handeln in Arbeitskontexten, sowohl auf organisationaler, v.a. aber auch auf persönlicher Ebene. Werte beeinflussen – mehr oder minder bewusst – z. B. den Umgang mit Verantwortung, Fehlern oder Konflikten.
  • Es gibt eine Fülle an Werten. In der seit 2006 durchgeführten Studie der Wertekommission werden z. B.  Vertrauen, Verantwortung, Respekt, Integrität, Nachhaltigkeit und Mut als Kernwerte untersucht. Vertrauen bleibt dabei seit 5 Jahren der für die Befragten (in 2023 waren das 441 Führungskräfte aus unterschiedlichen Branchen) wichtigste Wert. In einem unserer letzten Workshops haben Kulturschaffende die Werte Verlässlichkeit, Transparenz und Fair Play ergänzt. Ich persönlich würde noch Humor und Großzügigkeit in den Ring werfen wollen.
  • Träger von Werten sind Individuen und Kollektive. Führungskräfte, die sich regelmäßig mit ihren Werten befassen, haben einen inneren Kompass, der auch funktioniert, wenn der Wind im Kulturbetrieb rauer weht. Gleichzeitig orientieren sich Mitarbeitende und Teams an den Werten ihrer Führungskräfte und bringen eigene ein. Werte wirken – in einer permeablen Führungskultur – in beide Richtungen; im Idealfall stabilisierend und komplexitätsreduzierend.
  • Werte sind von hoher Bedeutung für soziale Systeme. Werte können im Rahmen der Team-/Organisationsentwicklung genutzt werden, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Was wird konkret verstanden, wenn von Vertrauen und Verantwortung gesprochen wird? Gemeinsam geteilte Werte stärken den Zusammenhalt, die Anerkennung von Trennendem stärkt die Konfliktresilienz.
  • Aus der gemeinsamen Diskussion können Handlungsrichtlinien (Normen) entstehen, die als Führungsleitlinien, Organisationsprinzipien etc. im Recruiting, in Personalgesprächen oder in der Konfliktmediation aktiv genutzt werden. Die Betonung liegt auf „aktiv“, denn Papier ist geduldig und es gilt der Aphorismus von Viktor E. Frankl: „Werte kann man nicht lehren, sondern nur vorleben“.

17.02.2025

IKM PRAXIS: Gemeinsam stärker – sich bewusst Zeit für den kollegialen Austausch nehmen

Im hektischen Alltagsgeschäft bleibt Führungskräften oft viel zu wenig Zeit, um gemeinsam innezuhalten. Gleichzeitig ist eine regelmäßige Rückschau auf individuelle Führungsherausforderungen oder die kollegiale Zusammenarbeit wertvoll, wenn es darum geht, die Führungsarbeit im Haus zu professionalisieren und weiterzuentwickeln. Gerade auch das Jahresende bietet einen guten Zeitpunkt, um sich als Führungsgremium ein paar kostbare Stunden Zeit für die gemeinsame Reflexion zu nehmen und mit neuen Ideen und guten Vorsätzen ins nächste Jahr zu starten.

In der vergangenen Woche hatten Lena Zischler und ich die schöne Aufgabe, eine solche Reflexion für ein Museum strukturiert anzuleiten und gemeinsam mit dem engagierten Führungskreis auszuloten, was bereits gut läuft und wo Entwicklungspotenziale bestehen. Folgende Erkenntnisse aus der lebhaften Diskussion möchten wir hier teilen:

  • Priorisierungen sind wichtig. Kommt die Gruppe einmal ins Arbeiten, finden sich in der Regel mehrere Ansatzpunkte für Veränderung. Es gilt, die identifizierten Themen zu ordnen und zu entscheiden, was zuerst angegangen werden soll. Das hilft dabei, mehr Struktur zu schaffen, Ressourcen umsichtig einzusetzen und Überforderung im Change Prozess zu vermeiden.
  • Vieles ist „normal“. Aushandlungsprozesse, Kontroversen, Macht- und Bedeutungsfragen, Zielkonflikte etc. sind typisch für Systeme. Es kann entlastend sein, das zu wissen.
  • Häufig stellt sich bei der gemeinsamen Diskussion ein 'Aha-Effekt' und motivierendes Gemeinschaftsgefühl ein, wenn Kolleginnen und Kollegen ähnliche Herausforderungen erleben oder ähnliche Entwicklungsbedarfe sehen.
  • Ritualisierte Auszeiten, Workshops und Klausurtagungen sind immens wichtig für Führungskräfte, die dort erarbeiteten Ergebnisse oft wegweisend für die Zukunftssicherung. Der Abschied von alten Gewohnheiten und das Etablieren neuer Verhaltensweisen, Strukturen und Prozesse erfordert jedoch einen langen Atem und tägliche Arbeit. Die Klärung von Verantwortlichkeiten, regelmäßige Treffen und die Bearbeitung konkreter Themen in Kleingruppen helfen dabei, dass die erarbeiteten Ergebnisse nicht im Alltag versanden, sondern nachhaltig wirken.

13.01.2025

LEADERSHIP IN A NUTSHELL (3): Konflikte eingehen, beruhigen und beilegen können

Konflikte sind ein Thema, das viele Menschen in Kulturorganisationen bewegt – und alle betrifft. Konflikte sind im Arbeitsleben allgegenwärtig und unvermeidlich. Sie konsumieren knappe Ressourcen und beeinflussen die Qualität unserer Arbeitsbeziehungen. Konflikte werden oft als zerstörerisch gefürchtet. Aber nicht selten können (nur) Konflikte Weiterentwicklung anstoßen und zu neuen, besseren Lösungen führen.

  • Die meisten Menschen wollen Konflikte intuitiv vermeiden. „Das wird nicht so gemeint gewesen sein“, „So wichtig ist es mir eigentlich nicht“, „Ich warte jetzt erst einmal ab, was als nächstes passiert“, das sind beispielhafte Selbstberuhigungen, um Konflikten aus dem Weg zu gehen. Und häufig ist es eine gute Coping-Strategie, nicht alles auf die „Waagschale“ zu legen, sich innerlich frei von (vermeintlichen) Giftpfeilen zu machen, positiv zu denken und die anderen mit Humor und Nachsicht zu nehmen. Es kann in vielen Situationen sehr zielführend sein, einen Konflikt (bewusst) nicht einzugehen.
  • In anderen Situationen kann es allerdings notwendig sein, einen Konflikt zu adressieren, ihn ggf. sogar zu schüren. Das ist z. B. dann der Fall, wenn sich Situationen von Ungerechtigkeit und Ungleichbehandlung wiederholen (z. B. bei der Verteilung von Ressourcen), Vereinbarungen gebrochen werden, Handlungen nur der persönlichen Machtsicherung, nicht aber dem Wohl des Gesamtsystems dienen. In solchen Fällen, insbesondere wenn sie immer wieder auftreten, kann es unumgänglich sein, sich stand- und wehrhaft zu zeigen und klare Grenzen aufzuzeigen.
  • Wer bewusst abwägen kann, ob es in einer konkreten Situation sinnvoll ist, einen Konflikt einzugehen oder nicht, ihn zu beruhigen, zu schüren oder gar das Spielfeld zu verlassen, dem stehen mehr Möglichkeitsräume zur Verfügung. Das allein kann bereits das Gefühl der eigenen Wirksamkeit erhöhen und es ist nicht mehr ganz so wichtig, als „Sieger“ aus der Konfliktarena zu gehen. Denn in den meisten Konfliktsituationen hat auch das Gegenüber eine berechtigte Perspektive. Selten sind die Dinge nur schwarz oder nur weiß – diese Erkenntnis kann der Beginn einer klugen Konfliktregulierung sein.

Ein Post zum Thema Konflikte kann nicht enden ohne den wichtigen Hinweis: Respice finem! Konflikte entwickeln eine Eigendynamik, die nicht kontrollierbar ist. F. Glasl zeigt das anschaulich in seinem bekannten Phasenmodell der Eskalation. Gerade auch Führungskräfte mit ihren konflikthaften Rollenanforderungen und Aufgaben sind daher gut beraten, emotionale und kognitive Kompetenzen für die Regulierung von Konflikten zu erwerben – und sich darin kontinuierlich zu üben und weiterzuentwickeln.

19.12.2024

LEADERSHIP IN A NUTSHELL (2): Selbstführung – oder der Mehrwert von einem Moment innehalten.

Die Tage werden kürzer, das Jahr neigt sich dem Ende, der Wahnsinn in den Büros nimmt zu. Jedes Jahr aufs Neue soll alles noch bis Weihnachten geschafft werden. Und auch immer wieder neu gilt, dass nächstes Jahr alles besser werden soll. Eine gute Gelegenheit, um in diesem Kontext über die Stärkung der eigenen Selbstführungskompetenzen nachzudenken. Einige Key Facts to go:

  • Selbstführung beschreibt den Prozess, sich selbst zu beeinflussen, zu steuern und zu motivieren. Zugrunde liegt die Fähigkeit, das eigene Denken, Fühlen und Handeln zu reflektieren, zu evaluieren und sich – ggf. mit Unterstützung Dritter – weiterzuentwickeln. Sich selbst gut führende Menschen übernehmen Verantwortung für ihren Teil an gelingenden oder weniger gelingenden (Führungs-)Situationen – und machen nicht äußere Umstände oder andere verantwortlich. Sie können mit Veränderungen aber auch mit Ohnmacht, Frustration, Nicht-Gelingen umgehen und lernen aus Fehlern. Selbstführung bedeutet in Alternativen denken zu können und sich dadurch Handlungsspielräume zu verschaffen.
  • Selbstführung wirkt auf zwei Ebenen: Der primäre Effekt liegt darin, dass sich selbst gut führende Menschen ausgeglichener, leistungsstärker und zufriedener sind – Stress kann besser weggesteckt werden. Selbstführung hat damit enge Bezüge zu anderen Konzepten, wie z.B. Zeit- und Selbstmanagement, Resilienz und Mental Health.
  • Der sekundäre Effekt liegt in verbesserten Arbeitsbeziehungen mit Mitarbeitenden, besserer Stimmung im Team, höherem Arbeitsengagement und höherer Performance des Teams. Damit wird die Vorbildfunktion bzw. das Steuerungspotenzial von Führungspersonen auch an dieser Stelle deutlich. Selbstführung erhöht die Qualität des Leaderships.
  • Empirisch bewährte Strategien der Selbstführung* sind u.a.: Selbstzielsetzung; Selbstbeobachtung, Selbstgespräche & Journaling; mentales Probehandeln & Visualisierung erfolgreicher Leistungen; Evaluation eigener Glaubenssätze und Annahmen; Proaktive Denkhaltung & Rituale; Selbstbelohnung. Daneben können Dritte einbezogen werden (Trainings, Coaching, Mentoring etc.).
  • Selbstführung braucht weiteres: Die Bedeutung von Schlaf ist nicht erst seit der Forschung von Matthew Walker, PhD mehr in den Fokus einer breiten Öffentlichkeit gerückt. Hinzu kommen Ernährung, Bewegung, soziale Kontakte, Spiritualität. No kidding.

Fazit: Selbstführung ist ein Element im Werkzeugkoffer des Leaderships, um andere gut führen zu können. Die vorbildlichste Selbstführung kann allerdings kein krankes System (Organisationsstruktur, -kultur, -abläufe) dauerhaft auffangen. Selbstführung und Organisationsentwicklung gehen idealerweise Hand in Hand.

15.12.2024

LEADERSHIP IN A NUTSHELL (1): Onboarding in Kulturorganisationen – emotionale Bindung stärken

Heute Nachmittag spreche ich mit Theaterschaffenden über das Onboarding als wichtigem Element von professionellem Recruiting. Dabei geht es auch um konkrete, praxisnahe Maßnahmen für eine gelingende Integration von neuem Personal gehen - basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Onboarding. Sechs Key Facts to go:

  • Soziale Maßnahmen haben den größten positiven Effekten auf die Integration von Neuen. Hierzu gehören v.a. Interaktionen mit erfahrenen Organisationsmitgliedern, die z.B. als Mentor oder Mentorin unterstützen. (Inhalts-/kontextbezogene Maßnahmen sind Must-haves im Onboardingpaket, aber für die emotionale Bindung nachgeordnet wichtig).
  • Das Arbeitsteam spielt – nicht überraschend – eine zentrale Rolle für die erfolgreiche Eingliederung: Je besser die emotionale Bindung an das Team gelingt, desto mehr sinkt die kognitive Dissonanz („habe ich mich für den richtigen Arbeitsplatz entschieden?“) und die Kündigungsabsicht. Gleichzeitig können früh Schnittstellenproblematiken adressiert werden.
  • Das bedeutet auch: Aufgaben und Rollen innerhalb des Onboardings werden auf mehrere Schultern verteilt. Führungskräfte wirken stärker auf der strategischen Ebene und behalten das große Ganze im Blick – das Team konzentriert sich auf operative Maßnahmen. Schöner Nebeneffekt: Eine solche Verantwortungsteilung wirkt sich positiv auf das bestehende Team aus.
  • Die Rolle von Führungskräften wird damit nicht weniger wichtig: Die Festlegung von Aufgaben und Verantwortungen, der Abgleich von Erwartungen und die Prüfung des Fit von Werten und Zielen, das alles bleibt in ihrem Aufgabenbereich.
  • Zeitlich gesehen sind die ersten sechs Monate entscheidend für Zufriedenheit, Performance und Bleibeabsicht der neuen Person. Dabei fangen vorausschauende Führungskräfte und Teams bereits vor dem ersten Arbeitstag damit an, (ausgewählte!) Interaktionen anzustoßen (Preboarding).
  • Zielgruppenspezifisches Onboarding ist sinnvoll => Erfahrene Neueinsteigerinnen haben andere Bedürfnisse und Erwartungen als neue Mitarbeiter, die gerade ihre Ausbildung beendet haben und erst einmal ein Gefühl für Strukturen und Institutionen entwickeln müssen.

Fazit: Ein „strukturiertes Onboarding“ mit einem definierten Prozess und eindeutigen Verantwortlichkeiten (Abteilung/Stelle Personal, einstellende Abteilung etc.) macht viel Sinn. Wer jetzt aufstöhnt und sagt, was denn noch alles, dem sei eine Abwägung empfohlen: Auswirkungen des Nichtgelingens (mehrere Bewerbungsverfahren, Demotivation bei den Beteiligten, Imageschaden, Arbeitsüberlastung während der Vakanz etc.) vs. mehr Struktur, Gelingenserfahrung, Teamspirit und Zufriedenheit.

29.11.2024