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Lyrik-Vertonung - Wortklangräume

"Die Lyrik ist das trotzige Dennoch, das seine Kraft gerade aus der Tatsache bezieht, daß es nicht in die heutige Welt zu passen scheint, daß es unzeitgemäß ist – wobei man berechtigterweise die Frage stellen könnte, ob die Lyrik nicht zu jeder Zeit und immer schon unzeitgemäß war insofern, als sie sich nie dem Geist ihrer Zeit ergab, nie glatt in ihr aufging, ihr manchmal vielleicht gar voraus war."

Jan Wagner (aus: "Die Sandale des Propheten, 20)

Gedichte sind durch eine besondere Nähe zu Performanz und Musik geprägt, über Jahrhunderte wurden lyrische Texte häufig als Lied oder Gesang vor Publikum vorgetragen (vgl. Eckel 2011, 180). Diese Tradition setzt sich im zeitgenössischen Literaturbetrieb mit der Performance von Lyrik in Literaturhäusern, auf Poesiefestivals und Kleinkunstbühnen sowie mit diversen Formaten im vielfältigen Kontext der Spoken Word-Kultur fort. 

Etymologisch beinhaltet der Begriff Lyrik den Bezug zur Lyra, somit wird „das Gedicht vom Wesen her mit Gesang und musikalischer Begleitung assoziiert. Damit wird eine schon vorher topische Assoziation gattungskonstitutiv“ (Kohl 2011, 89). Im Kontext ihrer Entwicklungs- und Rezeptionsgeschichte können lyrische Texte daher als Hör- und Sprechtexte aufgefasst werden. Insofern bieten sich nicht nur für die Performance von Lyrik im Rahmen von Lesungen und auf der Bühne, sondern auch für den schulischen Deutschunterricht u.a. sprech- und klanggestaltende Zugangsweisen zu lyrischen Texten an. Diese eröffnen Schüler*innen die Möglichkeit, Gedichte nicht nur auf analytischer Ebene, sondern auch literarästhetisch und künstlerisch, als Sprach- und Klangkunstwerke mit Aufführungscharakter wahrzunehmen, zu verstehen und zu gestalten.

Im Rahmen von Seminaren zur Lyrik-Vertonung beschäftigen wir uns mit der Analyse und Sprechgestaltung von Lyrik, mit Lyrikdidaktik in der Sekundarstufe und Grundschule und mit der Verbindung von Lyrik und Musik. Wir lernen Mittel der Sprechgestaltung kennen und diese anzuwenden, die Vertonung der Gedichte kommt als weitere performative Ebene zur Sprechgestaltung hinzu. 

Literatur: Eckel, Winfried: Lyrik und Musik. In: Lamping, Dieter (Hg.): Handbuch Lyrik. Theorie, Analyse, Geschichte. Stuttgart, Weimar: Metzler 2011, S. 180-192. Kohl, Katrin: Die Medialität der Lyrik. In: Lamping, Dieter (Hg.): Handbuch Lyrik. Theorie, Analyse, Geschichte. Stuttgart, Weimar: Metzler 2011, S. 88 -98.

Pfäfflin, Sabine (2020): „Gedichte sind immer für den Vortrag gemacht und wollen gelesen und gehört werden.“ Sprechgestaltung und Vertonung lyrischer Texte am Beispiel von Jan Wagners Gedicht „quittenpastete“. In: Germanistische Mitteilungen. Zeitschrift für Deutsche Sprache, Literatur und Kultur, Jg. 46, Ausgabe 46 (2020), S. 95 – 116.

Lyrik-Vertonungen

Hier können einige Lyrik-Vertonungen angehört werden, die im Rahmen des Seminarprojekts "Wortklangräume" entstanden sind.